Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt ruft in Rom zum gemeinsamen Handeln für globale Gerechtigkeit auf

28 Okt 2025
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Landesbischöfin Kühnbaum-Schmidt während einer Podiumsdiskussion. Foto: DNK/LWB

Landesbischöfin Kühnbaum-Schmidt während einer Podiumsdiskussion. Foto: DNK/LWB

DNK/LWB -Vorsitzende auf internationalem Friedenstreffen der Gemeinschaft Sant’Egidio in Rom

Die Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) und Vorsitzende des Deutschen Nationalkomitees des Lutherischen Weltbundes (DNK/LWB), Kristina Kühnbaum-Schmidt, hat am 28. Oktober 2025 während des internationalen Friedenstreffens der Gemeinschaft Sant’Egidio in Rom die Dringlichkeit globaler Gerechtigkeit verdeutlicht. „Wir leben in der reichsten Zeit, die die Menschheit je erlebt hat. Noch nie zuvor gab es so viele Milliardäre, so viele technische Möglichkeiten, so viele verfügbare Ressourcen. Und zugleich – noch nie waren so viele Menschen von Armut, Hunger und Angst bedroht. Das ist das große Paradox unserer Zeit: Wir leben in einer immer reicher werdenden Welt, in der es immer mehr Arme gibt“, so Kristina Kühnbaum-Schmidt in ihrem Impulsvortrag auf dem Forum „Eine ungleiche Welt: Welche Alternativen gibt es?“.

Wer innerhalb nationaler Grenzen denkt, scheitert an globalen Problemen

Die Landesbischöfin betonte die Verantwortung, der Kirchen und Gesellschaft gerecht werden müssten: „Schon in den biblischen Schriften ist klar: Frieden und Gerechtigkeit gehören untrennbar zusammen. Heute sehen wir: Ohne faire Lösungen auf allen Ebenen verschärfen sich die globalen Krisen.“ Immer mehr Staaten würden sich auf sich selbst zurückziehen, internationale Hilfsprogramme aussetzen und finanzielle Unterstützung für Entwicklungshilfe kürzen. „Nicht, weil es an finanziellen Mitteln fehlt, sondern weil die Bereitschaft abnimmt, globale Verantwortung zu übernehmen“, erklärte die Landesbischöfin und warnte: „Doch eine Welt, die nur innerhalb nationaler Grenzen denkt, wird an globalen Problemen scheitern. Deshalb ist es so wichtig, dass wir als Kirchen und Glaubensgemeinschaften zusammenstehen und gemeinsam handeln.“

Kreislauf des Lernens, der Solidarität und der Hoffnung

Kristina Kühnbaum-Schmidt, die auch Vizepräsidentin des Lutherischen Weltbundes (LWB) für die Region Mittel- und Westeuropa ist, nannte beispielgebend das Programm „Action for Justice“ des LWB. Dieses hat drei Schwerpunkte: Menschenrechte und Teilhabe, Frieden und Versöhnung sowie Klimagerechtigkeit und Nachhaltigkeit. „Denn die Sorge für die Schöpfung ist nicht nur eine ökologische Aufgabe, sondern eine spirituelle Berufung“, so die Landesbischöfin. „Action for Justice ist dabei eine Einladung, gemeinsam zu handeln – über religiöse und andere Grenzen hinweg. Ein Grundprinzip heißt: Lokal – Global – Lokal: Lokale Erfahrungen aus Basisprojekten fließen in globale Prozesse ein – zum Beispiel bei den Vereinten Nationen – und das, was wir global lernen, fließt zurück in unsere lokalen Gemeinschaften. Es entsteht ein Kreislauf des Lernens, der Solidarität und der Hoffnung.“

Gemeinschaft fördern, statt Verbindungen zu zerstören

„Armut ist nicht nur ein soziales Thema. Sie ist eine Frage des Glaubens. Und sie ruft uns dazu auf, zu überlegen, wie wir Kirche in dieser Welt sein wollen – in einer Welt, die von ständiger Beschleunigung besessen ist“, betonte die Leitende Geistliche der Nordkirche. Das Handeln der Menschen solle Beziehungen, Begegnung und Gemeinschaft fördern, statt Verbindungen zu zerstören. Christus zeige sich als Mitmensch, der unser Leid teile, und uns zu Solidarität und Geschwisterlichkeit aufrufe: „Was auch kommen mag – ich bin hier. Du bist nicht allein.“

Einem Frieden leben, den nur Gott schenken kann

Diese Haltung werde von zwei zentralen Elementen geprägt: Gebet und der gegenseitige Friedenswunsch. „Im Gebet verbinden wir uns mit einem Blick auf Gottes Zukunft, in der Hoffnung über Resignation siegt. Diese Hoffnung verbindet uns auch untereinander – über Länder, Religionen und Konfessionen hinweg. Echter Frieden und echte Gerechtigkeit entstehen, wenn wir einander zuhören, voneinander lernen und gemeinsam handeln – als Kirchen, Moscheen, Synagogen, Tempel, als zivilgesellschaftliche Gruppen, als globale Gemeinschaft“, erklärte die Landesbischöfin. Sie betonte, dass wir Menschen aus einem Frieden leben, den nur Gott schenken kann. Doch es sei unsere Verantwortung, diesen Frieden zu erhalten und weiter auszubauen. „Das Geschenk des Friedens ist zugleich unsere Aufgabe“, so Kristina Kühnbaum-Schmidt: „Als Christin glaube ich: Gott öffnet unsere Augen, damit wir in jedem Menschen unseren Herrn und Bruder Jesus Christus erkennen.“

Gemeinsames Gebet mit Papst Leo XIV.

Mit ihrem Impuls nahm Kristina Kühnbaum-Schmidt an einer Podiumsdiskussion unter anderem mit der früheren Botschafterin der Republik Frankreich beim Heiligen Stuhl, Élisabeth Béton-Delègue, dem Oberrabbiner von Wien, Jaron Engelmayer, dem Erzbischof von Kapstadt und Primas der Anglikanischen Kirche im südlichen Afrika, Thabo Makgoba, sowie dem stellvertretenden Generaldirektor der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), Maurizio Martina teil. Anschließend betete sie beim abschließenden Friedensgebet im römischen Kolosseum gemeinsam mit Papst Leo XIV.

Hintergrund: Die Gemeinschaft Sant’Egidio

Die katholische Gemeinschaft Sant’Egidio wurde 1968 in Rom von Andrea Riccardi gegründet und ist heute ein weltweites Netzwerk in über 70 Ländern. Sie vereint Menschen aller Altersgruppen und Lebensbereiche im Hören auf das Evangelium und im freiwilligen Einsatz für Frieden und soziale Gerechtigkeit. Ihre Arbeit ruht auf drei Säulen: Gebet, Dienst an den Armen und Einsatz für den Frieden. Sant’Egidio engagiert sich in besonderer Weise für Menschen am Rand der Gesellschaft – etwa Obdachlose, Geflüchtete oder alte Menschen – und vermittelt in internationalen Konflikten im Geist des interreligiösen Dialogs und der Versöhnung.

 

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Podiumsdiskussion

Podiumsdiskussion v.l.n.r. Landesbischöfin Kühnbaum-Schmidt, Oberrabbiner von Wien, Jaron Engelmayer, Autorin Hilde Kieboom.

LWB/Florian Hübner
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Italien
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