Neujahrsbotschaft: Wenn Gott alles neu macht

29 Dez 2025

In ihrer Neujahrsbotschaft fragt Generalsekretärin Anne Burghardt, wie wir Gottes Verheißung aufnehmen werden, die sich über alle Zeit von der ersten christlichen Gemeinde bis in unsere heutige Zeit spannt.

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Foto: LWB/Johanan Celine Valeriano

Foto: LWB/Johanan Celine Valeriano

LWB-Generalsekretärin Pfarrerin Dr. Anne Burghardt über Bedeutung von Gottes Verheißung, alles neu zu machen  

(LWI) – Das Licht Christi verändere unseren Blick auf die Welt, und „Gott kann uns Menschen neu machen, indem er uns in diese neue Sicht hineinzieht“, schreibt die Generalsekretärin des Lutherischen Weltbundes (LWB), Pfarrerin Dr. Anne Burghardt, in ihrer Neujahrsbotschaft an die weltweite Kirchengemeinschaft.

Ausgehend von den Worten aus der Offenbarung des Johannes 21,5 – „Siehe, ich mache alles neu“ – spricht sie darüber, dass sich Gottes Verheißung „über die Zeiten hinwegspannt: von dem Moment, als die frühe christliche Gemeinde diese Worte erstmals vernahm […] bis in unsere heutige Zeit“. Wie nehmen wir diese Botschaft auf, fragt sie. „Mit Hoffnung oder mit Furcht? Sehnsüchtig oder widerstrebend?“

Die Neujahrsbotschaft im vollständigen Wortlaut: 

Wenn Gott alles neu macht

Liebe Schwestern und Brüder,

„Siehe, ich mache alles neu“. Diese Worte aus Offenbarung 21,5 sind die Jahreslosung für 20261. Sie folgen auf die Verheißung eines neuen Himmels und einer neuen Erde, wo Tod, Leid, Klage und Schmerz nicht mehr sein werden (Offb 21,4). Bezieht sich diese Verheißung nur auf eine ferne eschatologische Zukunft, oder berührt sie auch unsere Wirklichkeit heute? Und wenn sie es tut, wenn Gott tatsächlich verspricht, schon jetzt alles neu zu machen: Wie nehmen wir diese Botschaft auf? Mit Hoffnung oder mit Furcht? Sehnsüchtig oder widerstrebend?

Wie empfängt man Gottes Verheißung, alles neu zu machen?

Für viele ist das eine gute Nachricht, auf die sie schon lange warten: ein Kind, dem der Krieg die Eltern genommen hat; eine junge Frau, diein den sozialen Medien bedroht und belästigt wird; ein Mann, der seit Monaten vergeblich Arbeit sucht. Es ist eine gute Nachricht für all jene, die gerade die Hoffnung verlieren.

Für andere hingegen kann diese Verheißung eher wie eine Drohung klingen. Vielleicht haben sie es gerade geschafft, andere auszubooten, und stehen nun auf dem Gipfel ihrer Macht. Andere sind schlicht und einfach zufrieden mit ihrem Leben: Sie haben eine liebende Familie, gute Freundinnen und Freunde, einen interessanten und erfüllenden Beruf. Bei diesen Menschen könnte die Ankündigung, dass alles neu wird, für Verunsicherung sorgen. In der Welt, gewiss – da sollte so manches neu werden. Aber doch bitte nicht im eigenen Leben.

Da ist es beruhigend zu wissen, dass Gott es ist, der uns dieses Versprechen gibt. Zu viele politische Führungspersonen haben im Lauf der Geschichte bis in unsere Gegenwart hinein versprochen, alles neu zu machen, motiviert von ihren Überzeugungen und Ideologien oder ihrem Streben nach persönlichem Vorteil. Sobald sie an die Macht gelangen, mitunter indem sie Ängste und Verzweiflung schüren, zeigt sich oft, dass ihre versprochenen Neuanfänge gar nicht neu sind, sondern nur die Rückkehr alter Geister, die wir aus gutem Grund für immer hinter uns lassen wollten. Oder es geschieht tatsächlich etwas radikal Neues, jedoch um den Preis, dass viele unterdrückt werden.

Wie Gott eingreift

Gottes Verheißung, alles neu zu machen, ist anderes. Sie spannt sich über die Zeiten hinweg: von dem Moment, als die frühe christliche Gemeinde diese Worte erstmals vernahm und sich von ihnen im Angesicht eines mächtigen Imperiums trösten und stärken ließ, bis in unsere heutige Zeit und darüber hinaus, hin zur Vollendung aller Dinge. Gott umfasst alle Zeiten, wie wir ebenfalls in der Offenbarung lesen: „Ich bin das A und das O“, der da ist und der da war und der da kommt (Offb 1,8).

Manchmal fragen wir uns, wie Gott alles neu macht und wie Gott in den Lauf der Geschichte eingreift. Manches davon bleibt uns verborgen. Doch ein Weg, durch den Gott handelt, sind wir selbst: indem er uns ruft, das Licht weiterzutragen, das an jenem ersten Weihnachten in die Welt gekommen ist. Gottes Menschwerdung, die Verkörperung des Wortes in Jesus Christus, ist der Anfang der neuen Schöpfung – der Anfang davon, dass Gott alles neu macht.

Das Licht, das unseren Blick verändert

Denken wir einmal daran, welchen Einfluss das Licht darauf hat, wie wir die Dinge sehen. In einem Kunstmuseum können die Farben eines Gemäldes im hellen Licht des Mittags klar und scharf erscheinen. Es gibt kaum Schatten, viele Details sind erkennbar. Doch im weicheren Licht des Abends betrachtet bekommt dasselbe Gemälde einen anderen Charakter. Die Farben wirken tiefer, die Schatten werden länger. Was eben noch lebendig und kraftvoll wirkte, erscheint jetzt kontemplativ – vielleicht sogar verstörend.

verändert auch das Licht Christi unseren Blick

So verändert auch das Licht Christi unseren Blick. Gott kann uns Menschen neu machen, indem er uns in diese neue Sicht hineinzieht und uns dadurch inspiriert. Wenn wir die Welt aus dieser Perspektive betrachten, wollen wir andere nicht mehr klein machen oder unterdrücken, sondern erkennen in jedem Menschen ein Kind und Ebenbild Gottes. Wir teilen miteinander, statt lediglich Besitz für unsere eigenen Bedürfnisse anzuhäufen. Wir öffnen uns für Empathie, statt die Welt durch die Brille des Zynismus zu betrachten. Wir werden bereit zur Selbstkritik, zum Umdenken und zur Umkehr (metanoia), statt in Selbstgerechtigkeit zu verharren.

Ich bete dafür, dass diese Perspektive unsere weltweite Kirchengemeinschaft im kommenden Jahr leiten möge, damit wir Anteil haben an Gottes Verheißung, alles neu zu machen, und vielen Menschen Hoffnung schenken können.

Ich wünsche Ihnen allen ein wunderbares und gesegnetes Jahr 2026, voller Hoffnung und voller Staunen darüber, dass Gott alles neu macht.

Rev. Dr Anne Burghardt
LWF General Secretary


1 Die Tradition der Jahreslosung hat sich aus der Herrnhuter Tageslosung entwickelt.

LWB/P. Hitchen
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