Junge Stimmen für eine gerechtere Wirtschaft

22 Aug. 2025

Junge Christen und Christinnen entwickeln beim GEM-Seminar in Seoul neue Strategien für eine gerechte Wirtschafts- und Umweltpolitik auf lokaler und globaler Ebene.

Image
Teilnehmende der GEM School 2025 in Seoul/Südkorea. Foto: LWB/S. Sullivan

Teilnehmende der GEM School 2025 in Seoul/Südkorea. Foto: LWB/S. Sullivan

Ökumenisches Seminar für eine „Wirtschaft des Lebens“ 

(LWI) – Was ist die vierte industrielle Revolution? Wie prägt Theologie die Wirtschaft? Wie können Christinnen und Christen wirksamer für Umweltgerechtigkeit und faire Finanzsysteme eintreten? Mit diesen Fragen beschäftigen sich derzeit die Teilnehmenden einer zweiwöchigen Intensivschulung zu wirtschaftlicher und ökologischer Advocacy-Arbeit in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul.

Der Lutherische Weltbund (LWB) organisiert gemeinsam mit dem Ökumenischen Rat der Kirchen, der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen, dem Weltrat Methodistischer Kirchen und dem Weltmissionsrat ein ökumenisches Seminar für Governance, Wirtschaft und Management für eine Wirtschaft des Lebens – besser bekannt als GEM School. Vom 18. bis 29. August erwerben zwanzig ordinierte und nicht-ordinierte kirchliche Führungskräfte Wissen, Werkzeuge und Fähigkeiten, um auf lokaler wie globaler Ebene wirksame Veränderungsprozesse anzustoßen.

„Als lutherische Jugend in Brasilien engagieren wir uns in Kampagnen zu Themen wie Klimagerechtigkeit, Generationengerechtigkeit oder Inklusion von Menschen mit Behinderung“, berichtet der 25-jährige Natan de Oliveira Schuman, einer der diesjährigen Teilnehmenden. „Doch die polarisierte politische Lage in unserem Kontext macht es immer schwieriger, öffentlich für Arbeits- und Wirtschaftsrechte oder überhaupt für Menschenrechte einzutreten. Wer sich in diesem Bereich engagiert, muss mit ernsthaften Bedrohungen rechnen, unter anderem auch mit digitalen Angriffen wie Verleumdung, Rufschädigung, Bloßstellung und virtuellem ‚Lynchen‘.“

Schuman beendet gerade seine Amtszeit als Nationaler Jugendkoordinator der Evangelischen Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien. Von der GEM School erhofft er sich praxisnahe Werkzeuge, „aber auch den Mut, diese Herausforderungen anzunehmen, meine Stimme entschlossener zu erheben und uns vom Heiligen Geist im Angesicht von Ungerechtigkeit in Bewegung setzen zu lassen.“ Geduld und Ausdauer seien entscheidend, sagt er und verweist auf die Richtlinie für sozio-ökologische Gerechtigkeit seiner Kirche, an deren Erarbeitung er beteiligt ist. Sie sei ein Beispiel für erfolgreiche Advocacy-Arbeit in einem Umfeld, „in dem Klimawandelleugnung weit verbreitet ist und die Landwirtschaft stark von exportorientierten Monokulturen geprägt ist.“

Allzu oft schweigen die Kirchen zu diesen Themen, obwohl unser Glaube uns aufruft, für Befreiung und Gerechtigkeit einzustehen.

Anneke Gerken, Teilnehmerin der GEM School aus der Evangelisch-Lutherischen Kirche Oldenburg in Norddeutschland

„Allzu oft schweigen die Kirchen in diesen Fragen, obwohl unser Glaube uns dazu aufruft, für Befreiung und Gerechtigkeit einzutreten“, betont Anneke Gerken von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg. Neben ihrer Arbeit in der Kinder- und Jugendarbeit ihrer Gemeinde engagiert sie sich in ökumenischen Dialogen und Gebetstreffen mit jungen Menschen aus anderen Konfessionen. 

Mit Kompetenz und Mut sprechen

„Ich bin im Studierendenrat meiner Universität aktiv. Mir ist es sehr wichtig, den akademischen Kontext mit der Lebenswirklichkeit der Menschen in der Kirche zu verbinden“, sagt sie und fährt fort: „Eine solche Verbindung brauchen wir auch zwischen Theologie und Wirtschaft. Unsere Strukturen und Gebäude, vor allem aber das Evangelium befähigen unsere Kirche, ihre Stimme wirksam zu erheben. Die GEM School ist mir wichtig, weil sie uns dazu ausrüstet, mit Kompetenz und Mut zu sprechen, in politischen und wirtschaftlichen Fragen klar Stellung zu beziehen und auf eine Wirtschaft des Lebens für alle hinzuarbeiten.“

„Bei der LWB-Vollversammlung 2023 in Krakau haben die Jugenddelegierten die Bekämpfung der globalen Armut – insbesondere durch ethisches Unternehmertum und Nachhaltigkeit – als eine ihrer obersten Prioritäten benannt“, erläutert Savanna Sullivan, LWB-Referentin für Jugend und Mitorganisatorin der diesjährigen GEM School. „Hier in Seoul befassen sich die Teilnehmenden mit theologischen Konzepten ebenso wie mit Wirtschaftsgeschichte und befreienden Zukunftsmodelle, um diese Priorität in die Praxis umzusetzen.“

Sullivan betont: „Die GEM School ist sowohl ökumenisch als auch generationenübergreifend aufgestellt. Sie bietet Christinnen und Christen unterschiedlichen Alters und verschiedener Konfessionen eine einzigartige Möglichkeit, sich über Herausforderungen auszutauschen und gemeinsam kreative Lösungen für eine der dringendsten Fragen unserer Zeit zu entwickeln. Keine Kirche kann diese Aufgabe allein bewältigen. Doch unser Glaube verpflichtet uns, auf eine echte Wirtschaft des Lebens hinzuarbeiten, die das Wohlergehen aller Menschen und der gesamten Schöpfung über die Profite einiger weniger stellt. Das ist sowohl eine theologische Überzeugung als auch eine Frage der Generationengerechtigkeit.“

Das jährliche GEM-School-Programm ist Teil der ökumenischen Initiative „New International Financial and Economic Architecture“ (NIFEA). Sie will das Bewusstsein für diese Themen schärfen und Menschen befähigen, sich mit Leidenschaft für gerechtere, fürsorglichere und nachhaltigere Gesellschaften einzusetzen.

LWB/P. Hitchen
Thematiken:
Land:
Südkorea
Region: