Instrumente zur Förderung von Geschlechtergerechtigkeit und Gleichberechtigung

22 Okt 2025

In Zeiten zunehmenden Widerstands gegen den Schutz der Menschenrechte von Frauen, kommt der Advocacyarbeit für Geschlechtergerechtigkeit eine wichtige Rolle zu, um die tiefer liegenden Probleme Diskriminierung, Ungerechtigkeit und Gewalt aufzudecken. In einer alljährlich stattfindenden Schulung haben der LWB und seine Partner jüngst praktische Instrumente für die Advocacyarbeit vermittelt und das Engagement für Gerechtigkeit und Gleichberechtigung unterstützt.

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Die Teilnehmenden an der diesjährigen Schulung zu Advocacyarbeit für die Menschenrechte von Frauen, die vom 13. bis 17. Oktober in Genf, Schweiz, stattfand. Foto: Panuga Pulenthiran

Die Teilnehmenden an der diesjährigen Schulung zu Advocacyarbeit für die Menschenrechte von Frauen, die vom 13. bis 17. Oktober in Genf, Schweiz, stattfand. Foto: Panuga Pulenthiran

LWB und Partner veranstalten Schulung zu Fürsprachearbeit für Menschenrechte von Frauen 

(LWI) – Eine Frage, die Pfarrerin Davorka Horvat innerlich mit den Augen rollen lässt, ist eine Frage, die ihr bei Interviews oftmals als erstes gestellt wird: „Was bedeutet es, als Frau Pastorin zu sein?“ 

Horvat ist ordinierte Pastorin der Evangelischen Kirche in der Republik Kroatien und ist es gewohnt, dass ihr Geschlecht wichtiger zu sein scheint als ihre theologische Arbeit oder ihre unermüdliche Fürsprachearbeit als Vertreterin der Nichtregierungsorganisation „SOS Forum für die Opfer von Gewalt“. Wie viele andere Frauen im kirchlichen Dienst und in der Zivilgesellschaft bewege sie sich ständig in Räumen, in denen ihre Führungsarbeit aus geschlechtsspezifischer Perspektive betrachtet wird. „Das ist wirklich unfair – wir alle arbeiten hart und bekommen keinerlei Anerkennung“, erklärt sie. 

Horvat war eine von 14 Personen, die sich in der Fürsprachearbeit für die Menschenrechte von Frauen engagieren und an der Schulungen zu Advocacyarbeit für die Menschenrechte von Frauen teilgenommen haben, die in diesem Jahr vom 13. bis 17. Oktober in Genf stattgefunden hat und vom Lutherischen Weltbund (LWB) zusammen mit dem Ökumenischen Rat der Kirchen, Norwegian Church Aid und Act Church of Sweden organisiert wurde. 

An dem Workshop können Teilnehmende aus den LWB-Mitgliedskirchen und von ökumenischen Partnerorganisationen teilnehmen. Er vermittelt praktische Instrumente zur Förderung von Geschlechtergerechtigkeit und zum Engagement für die Menschenrechte von Frauen im jeweiligen Heimatkontext. 

Vertrauen aufbauen 

„Bei der Schulung geht es darum, die Handlungsfähigkeit und Selbstbestimmung und das Vertrauen der Teilnehmenden zu fördern, ihr Verständnis des Menschenrechtssystems zu verbessern und Allianzen zu schmieden“, erläuterte Sikhonzile Ndlovu, die leitende Referentin für Geschlechtergerechtigkeit im LWB. „Es geht darum, Menschen, die sich für die Menschenrechte von Frauen einsetzen, Instrumente an die Hand zu geben, damit sie den Fachjargon rund um Menschenrechte und Gerechtigkeit in jenen Räumen, in denen sie oftmals einfach ignoriert werden, aktiv anwenden können.“ 

Die verschiedenen Sitzungen der Schulung konzentrierten sich auf verschiedene Schwerpunkte wie die internationalen und regionalen Instrumente für die Menschenrechtsarbeit, die Prävention von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt und kontextspezifische Strategien für die Advocacyarbeit. Zudem beschäftigten sich die Teilnehmenden mit Fallbeispielen, tauschten sich über bewährte Praktiken aus und beschäftigten sich mit den multilateralen Partnern bei den Vereinten Nationen. 

Besondere Betonung fanden in diesem Jahr die Themen Intersektionalität und Inklusion. Die Teilnehmenden beschäftigten sich mit den besonderen Herausforderungen, mit denen Frauen aus marginalisierten Bevölkerungsgruppen wie Frauen mit Behinderungen, Frauen im ländlichen Raum oder Frauen, die durch Konflikte oder Klimaereignisse aus ihrer vertrieben wurden, konfrontiert sind. 

Austausch über Erkenntnisse  

Die Schulung bot auch Gelegenheit, sich frei mit den anderen Teilnehmenden auszutauschen und über gewonnene Erkenntnisse zu berichten. Denn die Teilnehmen haben alle umfangreiche Erfahrung – beispielsweise Dalina Bakine, Koordinatorin für soziale Fragen bei der Evangelisch-Lutherischen Kirche Papua-Neuguineas. Als sie ein Kind mit Behinderungen zur Welt brachte, begegneten ihr überall Hürden und Diskriminierung, die sie unbedingt bekämpfen wollte. „Für eine einzelne Person ist es in meinem Heimatkontext nicht leicht, sich für Gerechtigkeit einzusetzen“, berichtet sie. 

Für eine einzelne Person ist es in meinem Heimatkontext nicht leicht, sich für Gerechtigkeit einzusetzen

Evangelisch-Lutherische Kirche Papua-Neuguineas. 

Die Teilnehmenden lernten im Rahmen der Schulung verschiedene Mechanismen wie die Allgemeinen regelmäßigen Überprüfungen (UPR) und das UN-Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) kennen, die den engagierten Personen die Möglichkeit geben, lokale Lebensrealitäten mit den internationalen Rahmenwerken für die Einforderung der Rechenschaftspflicht zu verbinden. 

Inka von Linden aus der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in Argentina berichtet, dass die jüngsten Statistiken in ihrer Heimat von fünf Femiziden pro Wochen in ihrem Land sprechen. Gesetze würden Frauen nicht vor der Gewalt schützen, die ihnen von ihren Familien oder Partnern angetan werde, erzählt sie. „Wir können heiraten, wen wir wollen, aber Patriarchat heißt, dass die Frau dann zum Eigentum des Mannes wird.“ Sie will das in der Schulung erlernte Wissen nutzen, um weitere Frauen in ihrer Heimat im nächsten Jahr für die Advocacyarbeit für Menschenrechte zu schulen. 

Der LWB unterstützt die Zurüstung von Frauen zu mehr Selbstbestimmung mit einem Ansatz, der die Achtung der Menschenrechte in den Mittelpunkt stellt und der mit seinen Selbstverpflichtungen in dem Grundsatzpapier: Gendergerechtigkeit im LWB und den Nachhaltigen Entwicklungszielen übereinstimmt. „Die Schulung ist Teil unserer umfassenderen Bemühungen, um das Führungswirken von Frauen in Kirche und Gesellschaft zu fördern, auch in den Bereichen Friedensaufbau, Leitungsfragen und der humanitären Hilfe“, so Ndlovu. 

Am Ende der Schulung verfügten die Teilnehmenden nicht nur über neues Wissen, sondern hatten auch ein wachsenden Netzwerk von Gleichgesinnten, in dem sie Solidarität und Unterstützung erfahren. „Ich habe nicht das Gefühl, selbst schon besonders einflussreich zu sein“, fasst Horvat zusammen. „Aber ich bin ja hiergekommen, um zu lernen und mich weiterzuentwickeln.“ 

LWB/ C. Kästner-Meyer
Land:
Schweiz
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