UN-Konferenz: Glauben und Finanzen in schwierigen Zeiten
Auf der UN-Konferenz für Entwicklungsfinanzierung haben der LWB, Kirchen und zivilgesellschaftliche Organisationen wirtschaftliche Gerechtigkeit und Klimagerechtigkeit gefordert.

Die Online-Kampagne "17 Wochen, 17 Ziele" stellt jede Woche eines der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung in den Mittelpunkt und ruft zu Aktionen zu dem jeweiligen Thema auf. Foto LWB/Albin Hillert
Der LWB und seine Partnerorganisationen fordern die Regierungen auf, die mit den Zielsetzungen für eine nachhaltige Entwicklung festgesetzten Verpflichtungen einzuhalten
(LWI) – Der Lutherische Weltbund (LWF) wird gemeinsam in einem Bündnis mit anderen Kirchen und Organisationen der Zivilgesellschaft an der Vierten Internationalen Konferenz für Entwicklungsfinanzierung teilnehmen und dort Advocacy-Arbeit leisten. Die Konferenz findet vom 30. Juni bis zum 3. Juli in Sevilla, Spanien statt. „Für die Kirchen“, so die Aussage dieser Organisationen, „geht es bei den Themen, die auf der Konferenz zu diskutieren sind, nicht nur um Finanzen und Entwicklung. Es geht um Glaubensfragen.“
Die LWB-Delegierten nehmen zum ersten Mal an dieser UNO-Konferenz und an einem im Vorfeld stattfindenden Forum der Zivilgesellschaft teil. Gemeinsam mit zahlreichen anderen gleichgesinnten Gruppen rufen sie die Regierungen auf, ihren Verpflichtungen zur Einhaltung der Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (SDGs) nachzukommen und die sich immer weiter öffnende Schere zwischen Arm und Reich zu schließen. Die von allen UN-Mitgliedstaaten 2015 verabschiedeten Ziele sind eine ambitionierte Blaupause für Frieden und Wohlstand für die Menschen und für den Planeten. Nach Aussage der Vereinten Nationen werden bis zum Ende des Mandats 2030 voraussichtlich nur 15 Prozent der Ziele erreicht werden.
Keine Regierung darf vor die Wahl gestellt werden, entweder ihre Schulden nicht zu bezahlen oder die Bedürfnisse und Rechte der Menschen und des Planeten zu missachten.
Isaiah Toroitich, Leiter Global Advocacy des LWB
„Wir wissen, dass fast die Hälfte der Menschheit – das sind 3,3 Milliarden Männer, Frauen und Kinder – in Ländern lebt, die mehr für ihren Schuldendienst als für die Bildung und Gesundheitsversorgung ihrer Bevölkerung ausgeben““, sagte der Leiter der LWB-Abteilung für globale Advocacy-Arbeit, Isaiah Toroitich.
„Diese Schuldenkrise ist das Vermächtnis ungerechter finanzieller und ökonomischer Strukturen und schlechten Regierungshandelns, sie lähmt Länder und ist amoralisch. Diese Situation wird zusätzlich dadurch verschärft, dass praktisch alle Geberländer die Finanzmittel für Entwicklung und humanitäre Hilfe eingefroren, gekürzt oder umgewidmet haben. Deshalb ist es wichtig, dass wir in Sevilla sind, um unsere Stimme zu erheben und darauf hinzuweisen, dass keine Regierung vor die Wahl gestellt werden darf, entweder ihre Schulden nicht zu bezahlen oder die Bedürfnisse und Rechte der Menschen und des Planeten zu missachten“, sagte er.
Auf der Konferenz werden Advocacy-Fachleute des LWB partnerschaftlich mit anderen Organisationen, der Jubilee-Kampagne und dem Führungsteam einer ökumenischen Plattform zusammenarbeiten, die unter der Bezeichnung NIFEA (Initiative für eine neue internationale Finanz- und Wirtschaftsarchitektur) bekannt ist. Die Plattform wurde 2012 gegründet und zählt neben dem LWB ebenfalls die Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen, den Weltrat der Methodistischen Kirchen, den Ökumenischen Rat der Kirchen, den Rat für Weltmission und die United Society Partner in the Gospel zu ihren Mitgliedern.
Abwärtsspirale aus Ungleichheiten und Entmündigung
In einer Erklärung zur Konferenz von Sevilla vom 27. Juni 2025 stellen diese Kirchen und Organisationen fest, dass „die wohlhabendsten Menschen dieser Welt ihren Reichtum seit 2020 verdoppelt haben, während gleichzeitig ca. 28,9 Prozent der Bevölkerung – das sind 2,33 Milliarden Menschen – mehr oder weniger stark von Ernährungsunsicherheit betroffen sind.“ Diese sich vertiefenden Ungleichheiten, so heißt es in der Erklärung, „haben das Vertrauen in öffentliche Institutionen untergraben, demokratische Systeme geschwächt, die Macht von Unternehmen über staatliches Handeln gestellt und Fortschritte bei dringend erforderlichen Klimaschutzaktionen verhindert und damit eine Abwärtsspirale aus Ungleichheit und Entmündigung verstärkt.“
Die NIFEA-Partner weisen darauf hin, dass die Konferenz „an einem entscheidenden Moment stattfindet“, da die Welt mit präzedenzlosen ökonomischen, politischen, sozialen und ökologischen Multikrisen konfrontiert wird, und fordern deshalb die Staats- und Regierungschefs auf, die ärmsten Länder von ihren Schulden zu befreien, an einem gerechteren Steuersystem zur Finanzierung des Kampfes gegen die Armut zu arbeiten und Reformen für eine inklusivere weltweite wirtschaftliche Steuerung einzuführen.
Bedeutsames Momentum zum Erreichen der SDGs
Obwohl die US-Regierung in letzter Minute beschlossen hat, sich aus diesem Prozess zurückzuziehen, hat UN-Generalsekretär António Guterres die Konferenz in Sevilla als eine „einzigartige Chance“ beschrieben, „ein internationales Finanzsystem zu reformieren, das veraltet, dysfunktional und ungerecht ist.“ Der UN-Generalsekretär erklärte gegenüber den Teilnehmenden: „Ich zähle auf Sie alle, damit wir voller Entschlossenheit die Agenda 2030 [für nachhaltige Entwicklung] retten.“
„Der LWB ist seit der ersten vorbereitenden Tagung in Addis Abeba im Juli 2024 Teil des Verhandlungsprozesses dieser Vierten Konferenz für Entwicklungsfinanzierung“, sagt Daniel Pieper, Programmdirektor des UN-Büros des LWB in New York. „Wir sind optimistisch, dass wir mit unserer Delegation in Sevilla etwas bewirken können, wenn wir auch angesichts der aktuellen politischen Lage etwas ernüchtert sind.“
Pieper sagte abschließend: „In Sevilla werden wir uns mit zahlreichen Herausforderungen auseinandersetzen, deshalb brauchen wir alle Menschen guten Willens, ob sie aus dem Glauben handeln oder andere Beweggründe haben, um die ambitionierten Ziele dieser Konferenz zu erreichen. Es gibt jetzt ein bedeutsames Momentum zum Erreichen der nachhaltigen Entwicklungsziele für unsere Gemeinschaften und für alle, denen wir weltweit dienen.“
Lesen Sie die Erklärung im englischen Wortlaut
NIFEA Message on the 4th International Conference on Financing for Development