LWB-Präsident zu Besuch im Heiligen Land: Unterstützung für Zeugnis der Kirche vor Ort
„Es ist wichtig, dass die Menschen hier wissen: Die weltweite Kirchengemeinschaft steht an ihrer Seite und unterstützt sie“, sagte LWB-Präsident Henrik Stubkjær zu Beginn seines Besuchs im Heiligen Land.
5. November 2025, Bethlehem, Palästina: Der Leiter der evangelisch-lutherischen Dar-Al-Kalima-Schule in Bethlehem, Pfr. Anton Nassar, begrüßt den Präsidenten des Lutherischen Weltbundes, Bischof Henrik Stubkjær von der Evangelisch-Lutherischen Volkskirche in Dänemark, bei seinem Besuch in der Schule. Foto: LWB/Albin Hillert
Ortskirche und weltweite Kirchengemeinschaft gemeinsam unterwegs
(LWI) – „Es ist wichtig, dass die Menschen hier wissen: Die weltweite Kirchengemeinschaft steht an ihrer Seite und unterstützt sie“, sagte der Präsident des Lutherischen Weltbunds (LWB), Bischof Henrik Stubkjær zu Beginn seines Besuchs im Heiligen Land.
Vom 4. bis 9. November traf sich der LWB-Präsident mit Verantwortlichen der örtlichen LWB-Mitgliedskirche, der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land (ELKJHL), dem LWB-Weltdienstprogramm vor Ort sowie Vertretungen von Partnerorganisationen und aus Politik.
ELKJHL-Bischof Ibrahim Azar, der Bischof Stubkjær am 5. November in Beit Jala (Bethlehem) empfing, sagte, es sei eine Freude und ein Privileg, den LWB-Präsidenten begrüßen zu dürfen. Er unterstrich, welche große Bedeutung der LWB im Laufe der Jahrzehnte für die LWB-Mitgliedskirche vor Ort hatte.
„Als LWB-Mitgliedskirche spüren wir, dass wir nicht allein sind. Unsere Beziehung zu Gott und die Verbundenheit im Lutherischen Weltbund geben uns Kraft“, sagte Bischof Azar.
Mit Blick auf die gegenwärtige Not des palästinensischen Volkes und der palästinensischen Gemeinden betonte der Bischof die Bedeutung des kirchlichen Zeugnisses auch angesichts außergewöhnlicher Herausforderungen.
Als Christinnen und Christen seien wir berufen, in dieser schweren Zeit an der Seite der Menschen zu sein, so Stubkjær. „Wir müssen herausfinden, was sie brauchen, wie wir ihnen beistehen und wie wir ihre Zukunft sicherstellen können“, fügte er hinzu.
Wir stehen an Ihrer Seite, Sie sind ganz sicher nicht allein.
Henrik STUBKJÆR, LWB-Präsident
Leben und Wirken der ELKJHL ist Quelle der Hoffnung
Am ersten Tag seines Aufenthalts besuchte Bischof Stubkjær verschiedene lokale Projekte der ELKJHL im Westjordanland und machte sich ein Bild vom Engagement der ELKJHL in den Bereichen Bildung, Umweltschutz und Diakonie.
In der evangelisch-lutherischen Dar-Al-Kalima-Schule in Bethlehem – eine von drei Schulen der ELKJHL mit insgesamt mehr als 1.500 Schülerinnen und Schülern zwischen 4 und 18 Jahren – berichteten die Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte über die Bedeutung von Bildung als Raum, in dem Kinder und Jugendliche lernen, sich entwickeln und letztlich einen Beitrag zu ihrer Gesellschaft leisten können.
„Unsere Schülerinnen und Schüler leben unter der Besatzung, was ihren Zugang zu Bildung ziemlich erschwert. Viele kommen morgens zu spät zur Schule, weil Checkpoints die Straße blockieren. Kinder, die in den Flüchtlingslagern rund um Bethlehem leben, erleben regelmäßig, dass die Armee in ihren Häusern Razzien durchführt“, erklärte der Schulleiter, Pfarrer Anton Nassar von der ELKJHL.
„Und trotzdem wollen wir, dass unsere Schülerinnen und Schüler in ihrem sozialen Umfeld Führungsrollen übernehmen, wir wollen, dass sie Friedensstifterinnen und Friedensstifter werden, wenn sie erwachsen sind“, sagte er.
„Wir werden auch weiterhin am Aufbau einer neuen Generation arbeiten, die daran glaubt, dass es sich lohnt, der Gemeinschaft zu dienen und Frieden zu schaffen, und die gemeinsam als Menschen – ob christlich oder muslimisch – an Gott glaubt... Jesus sagt, wir sind das Licht der Welt, und obwohl es nicht leicht ist, in dieser schwierigen Situation dem Herrn durch Bildungsarbeit zu dienen, werden wir weitermachen, damit unsere Schülerinnen und Schüler Hoffnung haben“, so Nasar weiter.
Die Bildungsdirektorin der lutherischen Schulen, Eva Azar, erläuterte die Geschichte des lutherischen Bildungswesens in Palästina, die bis in die 1870er Jahre zurückreicht, und wies auf die Vorreiterrolle der Schulen hin, die bereits in den frühen 1900er Jahren Jungen und Mädchen gemeinsam unterrichteten.
Der Alltag vieler palästinensischer Familien sei schwierig: Viele könnten aufgrund der wirtschaftlichen Lage nach der COVID-19-Pandemie und jetzt aufgrund des Kriegs die Schulgebühren nicht bezahlen, „aber wir haben uns nicht unterkriegen lassen. Selbst mitten im Krieg haben wir beschlossen, dass wir keinen einzigen Tag Unterricht ausfallen lassen werden“, sagte sie.
„Und wenn die Eltern uns sagen, dass sie kaum etwas zu essen hätten, haben wir als Kirche beschlossen, dass wir die Kinder nicht von der Schule ausschließen können“, so Azar weiter. „Dank der Unterstützung von Partnern konnte der Schulbetrieb bis jetzt aufrechterhalten werden“.
LWB-Präsident Bischop Henrik Stubkjær lauscht Erfahrungsberichten von Schülerinnen und Schülern der lutherischen Dar-Al-Kalima-Schule in Bethlehem. Foto: LWB/Albin Hillert
Rana Zeidan, die Leiterin des diakonischen Dienstes der ELKJHL, (links) begrüßt den Präsidenten des Lutherischen Weltbundes Henrik Stubkjær (rechts) bei seinem Besuch bei der ELKJHL in Beit Jala. Foto: LWB/Albin Hillert
LWB-Präsident Bischop Henrik Stubkjær mit dem Bischof der ELKJHL, Bischof Ibrahim Azar, bei einem Besuch in der Kirche in Beit Jala, Bethlehem. Foto: LWB/Albin Hillert
Ganzheitlich Arbeiten – Kern des diakonischen Wirkens der Kirche
„Als Kirche arbeiten wir ganzheitlich“, berichtete die Leiterin des diakonischen Dienstes der ELKJHL, Rana Zeidan, die erst kürzlich selbst zur Diakonin der Kirche ordiniert wurde.
„Wir arbeiten nicht nur mit den Kindern oder der Mutter oder dem Vater einer Familie. Wir arbeiten mit der ganzen Familie“, erklärte sie.
Angesichts der schrumpfenden Zahl palästinensischer Christinnen und Christen im Heiligen Land, weil viele Familien auswanderten und diejenigen, die blieben, unter Besatzung und Krieg immer weniger Platz zum Leben hätten, würde die Kirche, so betonte Zeidan, die Familien weiterhin unterstützen, etwa mit Medikamenten, Lebensmitteln, Hygieneartikeln und jetzt auch wöchentlich mit einer warmen Mahlzeit für 85 Familien durch die Kirche in Beit Jala.
„Wir arbeiten ja nicht nur eine Namensliste von Hilfsempfängerinnen und -empfängern ab, sondern unterstützen das ganze Gemeinwesen. Und wir helfen als Kirche, nicht als irgendeine Institution. Niemand, der zu uns kommt und um Hilfe bittet, wird abgewiesen. Irgendetwas können wir immer tun. Und wenn nichts mehr geht, können wir immer noch gemeinsam beten“, meint sie.
„Die Bilder aus dem Gazastreifen werden wir nie vergessen. Jesus hat uns christliche Gläubige gelehrt, dass wir zwar nicht vergessen, aber dennoch eine Möglichkeit für Vergebung finden müssen. Echter Frieden wird erst dann möglich sein, wenn es echte Gerechtigkeit gibt. Und Frieden beginnt dort, wo alle in Würde und Gerechtigkeit leben können“, so Zeidan weiter.
Unterstützung und Solidarität aus aller Welt
Pfarrerin Dr. Rospita Siahaan, LWB-Regionalreferentin für Asien, begleitet den LWB-Präsidenten auf seinem Besuch. Sie unterstrich, dass „die ELKJHL auch angesichts größter Herausforderungen beeindruckend standhaft an der Erfüllung des Auftrags Christi aus Johannes 10,10 festhält: ‚Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und volle Genüge‘“.
„Mit ihrer engagierten Bildungsarbeit bietet die Kirche den Lernende aus unterschiedlichen Glaubenstraditionen Lernmöglichkeiten und Chancen und begegnet ihnen mit Empathie. Es hat mich tief bewegt, als ich die beeindruckenden und hoffnungsvollen Worte einer Schülerin hörte: ‚Wenn du kein Licht finden kannst, sei du selbst das Licht‘. Ich hoffe, ihre Worte werden uns alle anspornen, voller Mut und Güte selbst das Licht zu sein, in der Welt etwas Positives zu bewirken, ganz im Sinne des Auftrags des LWB“, so Siahaan weiter.
In einer Ansprache vor Vertreterinnen und Vertretern der ELKJHL unterstrich LWB-Präsident Stubkjær die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den Ortskirchen und der weltweiten Kirchengemeinschaft und wie wichtig es sei, voneinander zu lernen.
„Wir sind hier, um von Ihnen zu lernen, und auch, um als weltweite Kirchengemeinschaft unsere Solidarität mit Ihnen zum Ausdruck zu bringen“, sagte Stubkjær.
„Wir sind hier, um den Menschen zu dienen. Kirche sein heißt, bei den Menschen zu sein – in der Verkündigung und im praktischen Dienst“, fuhr er fort und betonte die wichtige Rolle der Kirche in der Gesellschaft, nicht zuletzt aufgrund ihres sozialen Engagements und Bildungsarbeit.
„Wir wissen, wie schwierig die Situation derzeit ist; wir stehen an Ihrer Seite, Sie sind ganz sicher nicht allein“, erklärte Stubkjær abschließend.
LWB-Präsident Bischof Henrik Stubkjæer war vom 4. bis 9. November zu Besuch im Heiligen Land und hat Vertreterinnen und Vertreter der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land, des LWB-Weltdienstprogramms sowie Vertretungen von Partnerorganisationen und der Politik getroffen. Begleitet wurde er dabei von Pfarrerin Dr. Rospita, LWB-Regionalreferentin für Asien, Caroline Tveoy, Leiterin der internationalen Programme des LWB, und Sieglinde Weinbrenner, Vertreterin des LWB in Jerusalem.